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14. Ausgabe - Zeit(ung) für Kinder

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Erscheinungsdatum: 12/2017

BITTE NICHT AUS DEM

BITTE NICHT AUS DEM FAMILIENALLTAG: ANFASSEN! „Mama, Papa, haben wir am Sonntagnachmittag schon was vor? Können wir da ins Museum gehen?“ Hab ich mich da gerade verhört? Mein Kind will ins Museum? Was ist denn nun passiert? „Wir waren heute mit unserer Schulklasse im Museum. Das war echt toll. Da müssen wir nochmal zusammen hin!“ „Aber warum denn, wenn ihr heute schon da wart?“ „Weil ich euch unbedingt was zeigen will!“ So ähnlich hat sich das letztens zu Hause bei uns abgespielt. Irgendwie verkehrte Welt. Sonst wird doch immer rumgemault, wenn es heißt „Wir wollen ins Museum!“. Auf einmal diese Begeisterung, die die ganze Familie ansteckt. Und tatsächlich stehen wir am Sonntagnachmittag im kleinen Lausitzer Museum am Boulevard in Zgorzelec, wo ein Plakat die Ausstellung „Der Dreibeinige Hund und andere Sagen aus der Lausitz“ ankündigt. Wie will man denn Sagen im Museum darstellen? Da bin ich selbst sehr gespannt. Wir kaufen unse- in einen Raum geführt, der aussieht wie eine Wohnstube. Im Geschichte. Wir hören und schauen gespannt bis zum Ende zu. Doch wie und wo geht es weiter? Es ist nur die Tür zu sehen, durch die wir herein gekommen sind. Unsere Tochter gibt einen Tipp: Hier gibt’s eine Geheimtür – ihr müsst nach dem „Öffner“ suchen. Genaues soll an dieser Stelle nicht verraten werden, nur soviel: Wir haben ihn gefunden… Ach ja, wer wünscht sich nicht mehr solcher Momente, in denen sich Kinder ganz ohne Drängeln für Kunst, Geschichte, Heimat und Exotisches begeistern (lassen) und nebenbei ganz viel (kennen)lernen? Gut durchdachte, kindgerechte Museumskonzepte sind hierfür wichtige „Öffner“. Das konnten wir als Familie in den letzten Jahren sowohl in unserem Landkreis als auch in verschiedenen Urlauben des Öfteren erleben. Ein paar gute Erfahrungen, wie der Museumsbesuch zum Familienerlebnis wird, sind hier kurz aufgelistet. MIT VIELEN SINNEN ERLEBEN. Kinder lieben es, Neues mit vielen Sinnen buchstäblich zu begreifen und zu erleben. Wenn Lernen ganz nebenbei geschieht und dazu mit positiven Emotionen und Bewegung verbunden ist, dann öffnen sich Kinder auch gern für neue (und vielleicht bislang sogar unliebsame) Themen. Besonders eindrücklich haben wir das im Mathematikum in Gießen erlebt, wo Jung und Alt zum Anfassen und Ausprobieren aufgefordert werden und Lust auf Mathematik bekommen oder im Naturkundemuseum in Görlitz, das mit unterschiedlichen interaktiven Stationen immer spannend bleibt. KINDGERECHTE ANSPRACHE UND PORTIO- NIERUNG. Kinder sind schnell bei der Sache, aber auch schnell gelangweilt. Darum ist es wichtig, dass die Bildungsinhalte an der Lebenswelt der Kinder ansetzen und altersgerecht angepasst oder aufbereitet werden. Ein gelungenes Beispiel ist der Audioguide in der Albrechtsburg in Meißen. In der Kinderversion führt eine kindliche Stimme durch die alten Gemäuer und erzählt spannende Geschichten zu gut ausgewählten Objekten im Schloss. Während die Kleinen noch der dramatischen Erzählung von der Entführung der Prinzen lauschen, können die Eltern anderes entdecken und sich die Geschichte dann von ihren Kindern erzählen lassen. EINMAL GÜNSTIG, FLEXIBEL UND FAMILI- ENFREUNDLICH BITTE. Auch wenn viele Museen kinder- und familienfreundlicher werden, überlegt man sich als Familie, ob sich ein Besuch im Museum wirklich lohnt: Interessiert das nur die älteren oder auch die jüngeren Kinder? Gibt’s da was zum Experimentieren und Anfassen oder ein Quiz? Lohnt sich der Besuch, wenn mein Kind dann nach einer halben Stunde quenglig wird? Gibt’s da Stillmöglichkeiten? Jede Familie hat ihre eigenen Kriterien. Umso schöner ist es, wenn die Rahmenbedingungen der Museen Familien wirklich einladend sind. Denkbar ist da vieles: zum Beispiel ein Schnupper-Ticket oder ein Zwei-Tages-Ticket für Familien, das es möglich macht, den Besuch zu unterbrechen – falls grad mal die Luft raus ist – und am nächsten Tag fortzusetzen. Oder die gemütliche Ausruh-Lese-Ecke für Eltern und Kinder. Ein toller „Öffner“ ist da zum Beispiel der Sächsische Familienpass, mit dem landesweit verschiedene Museen, Schlösser und Burgen kostenlos besucht werden können. DIE KINDLICHE PERSPEKTIVE EINNEHMEN. Immer wieder haben wir erlebt, dass unsere Kinder ganz andere Dinge wahrnehmen und entdecken als wir Erwach- sich auch mal schnell ändernde kindliche Neugier einzulassen, führt das oft zu ungeplanten Lern-Momenten. Da wird aus dem „langweiligen Schloss-Saal mit seinen noch langweiligeren Bildern“ plötzlich eine Überziehpantoffelschlittschuhbahn. Und auf einmal können sich Kinder sehr gut vorstellen, wie hier früher getanzt und gefeiert wurde. Oder die x-te Wendeltreppe wird plötzlich zur Murmelrennbahn, weil sich die Rille im durchgehenden Handlauf ganz prima dafür eignet, eine Murmel runter kullern zu lassen… UND WELCHEN MUSEUMSBESUCH MACHT IHR ZU EUREM NÄCHSTEN FAMILIENERLEBNIS? Daniel Wiesner Vater von drei Kindern im Schulalter 8

PRAXISNAH: MUSEUM TRIFFT SCHULE DER KULTURRAUM VOGTLAND-ZWICKAU GEHT MIT EINEM MODELLPROJEKT NEUE WEGE In den Regionen Vogtland und Zwickau setzen sich Museen und Schulen beiderseitig in Bewegung, um am Ort des anderen ausgewählte Themen und Inhalte ganz unterschiedlicher Couleur und mit verschiedenen Aufgabenstellungen altersgerecht zu erleben. Das passiert nicht nur an einem Tag oder mit einem einzelnen Besuch, sondern über einen Zeitraum von vier Wochen. Mit MUSEUM TRIFFT SCHULE startete die Netzwerkstelle Kulturelle Bildung im Kulturraum Vogtland-Zwickau 2015 ein neues und auf drei Jahre angelegtes Modellprojekt, das lem wirken mittlerweile zehn Museen mit und erreichen um das Jahresende an die 50 Schulen. Auch nach Beendigung der Modellphase wollen die Museen das Angebot weiter bereithalten und der Nachfrage der Schulen gerecht werden. Was passiert genau bei MUSEUM TRIFFT SCHULE? Das Museum bereitet ein ausgesuchtes Thema – oft lehrplanorientiert – umfassend, kreativ ansprechend und museumspädagogisch sinnvoll auf. Das entstandene Angebot ist qualitativ hochwertig und für den Schulalltag passend. Damit geht es in die Schule, präsentiert sich zum Beispiel über Roll-Ups, Koffer, Vitrinen oder Kisten, gefüllt mit Objekten, bei der Museumsarbeit notwendigen Utensilien sowie einzelnen Anschauungsmaterialien zu ausgewählten Themen. Als Auftakt bzw. Einführung in der Schule dient ein einführender Projekttag pro teilnehmende Klasse unter Anleitung des Museumspädagogen. Einen Monat lang bleiben die Materialien und Objekte im Anschluss in der Schule und können vollumfänglich erforscht werden. Dazu stehen sorgfältig ausgearbeitete wie ansprechend gestaltete und auf Unterrichtsfächer zugeschnittene Anleitungen mit passenden Verbrauchsmaterialien zur Verfügung. Das selbstständige Weiterarbeiten der Klassen an den museumsbezogenen Themen über einen Zeitraum von vier Wochen beginnt. Alle Aktivitäten und Erfahrungen dokumentieren die Schüler in einem Projekttagebuch. Den Abschluss bildet der Museumsbesuch. In Begleitung des Museumspädagogen entdecken die Schüler das Museum und erleben und erfahren bereits Kennengelerntes und darüber hinaus viel Neues an dem Ort, der Geschichte in Form von Zeitzeugnissen bewahrt und für uns präsentiert. Erprobtes, Angefertigtes oder Erarbeitetes bringen die Klassen aus der Schule mit ins Museum, um es dort teilweise in eine Ausstellung münden zu lassen. Bei der Suche nach Verkehrswegen von der Schule ins Museum, zeitlich leistbaren und kostenerträglichen Verbindungen unterstützt das Museum die Schule bei Bedarf. Über alle drei Modelljahre hinweg arbeite- , bestehend aus den Leitungs- und Vermittlungskräften der Museen, der Netzwerkstelle, einem Coach und aus Pädagoginnen, regelmäßig und intensiv zusammen und bot damit die Möglichkeit für den wichtigen Austausch, die Berücksichtigung der Interessen und Bedarfe der beiden Partner, die gemeinsame inhaltliche Entwicklung des Programms und die Weitergabe von Erfahrungen und Unterstützung bis hin zur Fortbildung. MUSEUM TRIFFT SCHULE fordert die nachhaltige Begegnung von Museen und Schulen über eine längerfristige Zusammenarbeit der beiden Partner, die Bereitstellung fortwährend verwendbarer Arbeitsmaterialien und Anleitungen, die beidseitige Beschäftigung und Weiterarbeit an den von den Museen ausgewählten Themen und die Rückführung einzelner Ergebnisse aus der Schularbeit an das jeweilige Museum. Zugleich leistet es einen Beitrag für mehr Erreichbarkeit und Mobilität im Ländlichen Raum. Annett Geinitz Koordinatorin für Kulturelle Bildung Kulturraum Vogtland-Zwickau 9

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