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11. Ausgabe - Zeit(ung) für Kinder

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Erscheinungsdatum: 05/2016

WISSENSWERT: AUF DIE

WISSENSWERT: AUF DIE PERSÖNLICHE RELEVANZ KOMMT ES AN... Kinder entdecken ihre Umwelt und um sie zu begreifen, müssen sie sich mit ihr auseinandersetzen. Der künstlerische Ausdruck von Kindern ist Teil dieses Entdeckens. Pädagogische Fachkräfte haben die Aufgabe, diesen Prozess zu unterstützen und als Anlass zu nehmen, den Erwerb zahlreicher Fähigkeiten des Kindes zu fördern. Das bildnerische Gestalten beispielsweise ist solch eine Methode, bei dem sich das Kind mit seiner Umwelt auseinandersetzt. Welche konkrete Fähigkeit sich dabei besonders entwickelt bzw. welche von Pädagogen unterstützt werden kann, bleibt individuell verschieden. Hier muss vom jeweiligen Kind bzw. von der jeweiligen Gruppe ausgegangen werden. Pädagogische Fachkräfte ermitteln zunächst den konkreten Entwicklungs- und Lernstand des Kindes und können dann differenzierte Unterstützungen bezogen auf die nächsten Entwicklungsziele/-aufgaben des Kindes gestalten. Das heißt für jede Anregung des Kindes durch den Pädagogen braucht es auch einen relevanten Grund, warum sich das Kind gerade mit diesem Lerngegenstand bzw. auf diese Art und Weise beschäftigen soll. Bei künstlerischen Aktivitäten ist das nicht anders. Auch hierbei spielt die persönliche Relevanz für das Kind eine entscheidende Rolle, damit es sich auch vielseitig im Sinne der künstlerischen Bildung ausdrücken kann. EIN BEISPIEL: Paul ist drei Jahre alt. Er malt gern, mag Farben und Formen. Seine feinmotorischen Fähigkeiten im Umgang mit Stiften und Pinseln entwickeln sich gerade von sehr groben hin zu differenzierten kleinteiligen Bewegungen. Er hält den Stift noch im Pfötchen-Griff und malt eher großflächig aus dem Unterarm heraus. Das ist für ein Kind in diesem Alter eine sehr typische Entwicklung. Diese Weiterentwicklung hat für Paul eine große Bedeutung, es ist für ihn äußerst relevant, komplexe feinmotorische Fähigkeite sowie Hand- und Fingergeschicklichkeit zu erlangen und den Stift dann im Drei-Punktgriff zu halten. So kann er differenzierte Beobachtungen seiner Umwelt auch detaillierter in Bildern ausdrücken. In diesem Fall wäre Paul sehr offen für das bildnerische Gestalten, das ihn auf seinem derzeitigen Weg fordern und fördern könnte. Das heißt, die Erlangung sprachlicher, motorischer, kognitiver und oder sozial-emotionaler Fähigkeiten im Vorschulund Grundschulalter stellen die persönliche Relevanz für das Kind dar. Aus Sicht der Pädagogik wird die Kunst dabei zur besonders geeigneten Methodik. Das Erlernen künstlerischer Techniken und die Entwicklung künstlerischen Denkens ist somit kein extrahierter Bildungsbereich, sondern inkludiert in das jeweilige Entwicklungsgeschehen. Für Kinder macht es demnach keinen Sinn, sich nur dann künstlerisch zu betätigen, wenn Erwachsene meinen, „man müsse jetzt Kunst machen“. Gerade bildnerisches Gestalten kann zu alltäglichen Aktivitäten in Kindertageseinrichtungen gehören, denn erst mit dem alltäglichen Umgang werden künstlerische Ausdrucksformen geprägt und wie am Beispiel von Paul seine Entwicklung der feinmotorischen Fähigkeiten gefördert. Eine besondere Konstellation tritt ein, wenn Künstler in die Kita kommen. Künstler, die in der Kita tätig werden, bringen ein umfangreiches Know-how mit. Ihre eigene Ausdrucksfähigkeit, das künstlerische Denken und Handeln ist professionell entwickelt. Davon profitieren Kinder und Pädagogen gleichermaßen. Besonders von Vorteil für die künstlerische Arbeit mit Kindern ist, dass Künstler weniger einem Konformitätsdruck unterliegen. Die Kinder werden mehr dazu ermutigt, über den Tellerrand hinaus zu sehen. Künstler, die ihren persönlichen Stil die Kindern erleben lassen, ermutigen sie damit, sich individuell auszudrücken und sich weniger unterzuordnen, um sich beispielsweise nicht zu blamieren oder ausgelacht zu werden. Des Weiteren nehmen Künstler weniger die Rolle der Überwachung ein. Kinder, die häufiges Eingreifen gewohnt sind, trauen sich selbst weniger zu und erbitten oft vorschnell Hilfe von Erwachsenen. Sie haben nicht gelernt, ausdauernd nach einer Problemlösung zu suchen. Die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu machen und dadurch Fähigkeiten zu erweitern, ist in der künstlerischen Arbeit besonders gesetzt. Es bedarf an dieser Stelle eines „Aushaltens“ der Situation. Der Künstler „von außen“ besitzt zudem eine „andere Autorität“ und steht demnach nicht direkt im Zusammenhang mit Belohnungs- oder Bestrafungssystemen der Kita. Erst dann trauen sich Kinder eher, andere Wege zu gehen. Künstler haben auch keine spezifischen Erfolgserwartungen bezogen auf einzelne Kinder und auch das spüren die Kinder. Sie können mit Hingabe, Spaß und Spontanität aus eigenem Antrieb heraus handeln, ohne einer bestimmten Erwartung gerecht zu werden. Um die Vorteile des Künstlers in der Arbeit mit Kindern so zu nutzen, dass es für jedes Kind einen Gewinn darstellt, müssen Künstler mit Pädagogen zusammenarbeiten. Denn erst mit dem Hintergrundwissen des Pädagogen um die persönliche Relevanz des Lerngegenstandes für das Kind, kann der Künstler seine Arbeit zielgenauer ausrichten. 4

KITA SUCHT KÜNSTLER | PRAXISNAH: KÜNSTLER SUCHT KITA EIN MODELLVORHABEN DER KÜNSTLERISCHEN BILDUNG FÜR KINDER IN KINDERTAGESSTÄTTEN IM KULTURRAUM OBERLAUSITZ-NIEDERSCHLESIEN 2015 Der Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien hatte im vergangenen Jahr kurzfristig die Möglichkeit erhalten, ein seit längerem konzipiertes Projekt, das 2015 in einem kleinen Format starten sollte, wesentlich zu erweitern. Damit konnten sehr viel mehr Kinder im Kulturraum an diesem Vorhaben partizipieren, als ursprünglich geplant. Tandems wurden die Eltern in den Projektverlauf einbezogen und zu den meisten Präsentationen eingeladen. Die Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätte und Künstler war für alle Beteiligten, vor allem für die Kinder mit vielen schönen Erlebnissen verbunden. Es wurden Masken gestaltet, Handpuppen hergestellt, mit Naturmaterial gearbeitet, fotografiert und ein Buch gestaltet, ein Klang-Spielplatz, eine Holzhütte rekonstruiert und bemalt, Aquarelle und Zeichnungen angefertigt und vieles andere mehr. Die Künstler und auch die Erzieher haben in dieser speziellen Form des Miteinanders viel gelernt und viele neuen Erfahrungen gemacht. Ziel des Projektes war es, Zugänge und Mitgestaltungsmöglichkeiten für Kinder in Kindergärten und Horten im Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien zu schaffen, um sie beim Heranwachsen zu begleiten und sie durch kreative und künstlerische Angebote in ihren Kompetenzen und Fertigkeiten zu fördern. Dazu ist ein Projekt der künstlerischen Bildung gestartet worden, bei dem sich Kindertagestätten gemeinsam mit Künstlern bewerben konnten, die mit Kindern im Alter von drei bis zehn Jahren künstlerisch arbeiten wollten. Zwölf Kindereinrichtungen konnten so in den Monaten September bis Dezember 2015 Workshops, Kurse oder Projekttage mit dem Künstler durchführen, mit dem sie sich als Tandem beworben hatten. Die Künstler oder Kunsthandwerker konnten aus den unterschiedlichsten Bereichen der bildenden Kunst und deren Grenzbereichen zu anderen Künsten kommen. Sie konnten Maler, Zeichner, Grafiker, Designer, Figurenbildner, Modegestalter, Keramiker, Bildhauer, Holzgestalter, Film- oder Videokünstler, Fotografen, Szenografen, Goldschmiede etc. sein. Eine Broschüre, die in Form eines Kalenders für 2016 erschienen ist, fasst die Ergebnisse der Tandemarbeit zusammen und stellt die Einrichtungen und die künstlerischen Akteure kurz vor. KITA sucht KÜNSTLER | KÜNSTLER sucht KITA hat große Resonanz hervorgerufen. Das war ausschlaggebend dafür, dass im Jahr 2016, auf der Grundlage der guten Erfahrungen des Vorjahres, eine erneute Ausschreibung für 12 Tandems vorgenommen werden konnte. 22 Bewerbungen sind für einen der begehrten 12 Tandemplätze eingegangen. Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und der Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien fördern auch in diesem Jahr wieder das Vorhaben der Kulturellen Bildung. Das Projekt wurde von der Netzwerkstelle Kulturelle Bildung im Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien entwickelt und koordiniert. Bei diesem Projekt der künstlerischen Bildung sollte das Augenmerk besonders auf das Praktizieren des bildnerischen Gestaltens aus den Empfindungen, Wahrnehmungen und der Vorstellungkraft der Kinder heraus gerichtet sein. Der Projektverlauf und die Ergebnisse wurden auf unterschiedliche Weise dokumentiert. Im Rahmen der Oberlausitzer Kulturknirpse 2015 | 3. Aktionstage Kulturelle Bildung, die in der Zeit vom 23. bis 30. November 2015 stattfanden, wurden die Ergebnisse der Tandems vorgestellt. Von einigen 5

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